Mehr als 120.000 Menschen fordern „Atomkraftwerke abschalten!“

Umwelt & Energie

„Wir sind überwältigt von diesem Erfolg. Der Protest war groß, er war vielfältig und bunt, er hat Spaß gemacht“, so die Veranstalter.

„Wir sind überwältigt von diesem Erfolg. Der Protest war groß, er war vielfältig und bunt, er hat Spaß gemacht. Die hoch gesteckten Ziele, eine 120 Kilometer lange Menschenkette zu bilden und zugleich den Schrottmeiler Biblis zu umzingeln, haben wir gemeinsam erreicht“, so die Veranstalter. Offenkundig haben sie mit dieser Form der Demonstration den Nerv vieler Menschen getroffen, denen die alten Formen der Protestbekundung als fad und abgelatscht erscheinen.

Mit Hilfe der Kommunikationstechniken des 21. Jahrhundert ist es gelungen, die größte Massenkundgebung gegen die Nutzung der Atomkraft seit über 25 Jahren zu organisieren. Die Beteiligung an einer Menschenkette hat einen hohen Anteil an Spaß und Eventcharakter und ist obendrein so angelegt, dass viele Menschen quasi „vor der Haustür“ sich beteiligen konnten. Sicher wird diese Art der Demonstrationsform beispielgebend sein für andere Bereiche des Protestes gegen gesellschaftliche Fehlentwicklungen. Die andere Seite ist, dass diese Organisationsform teuer ist und deshalb jetzt noch über 30.000 Euro in den Kassen der Veranstalter fehlen. Dieses Defizit muss nun durch ein aktives Spendenverhalten der unterstützenden Organisationen, Privatpersonen und Parteien ausgeglichen werden. (Zur Spendenmöglichkeit weiter unten).

Mit dieser großen Aktion haben die Menschen gezeigt, dass die Absicht der politischen Eliten und der Vorstände der Energie-Konzerne, den von der rotgrünen Bundesregierung beschlossene halbherzigen „Ausstieg aus der Atomenergie“ in einen „Ausstieg aus dem Ausstieg“ bei Verlängerung der Laufzeiten der bestehenden Atomkraftwerke umzuwandeln, auf großen Unwillen stößt. Es besteht die Gefahr, dass die schwarzgelbe Regierung nach der Wahl in Nordrhein-Westfalen ihr Versprechen an die großen Energiekonzerne einlösen will. Zudem wird in nächster Zeit darüber entschieden werden, ob die beiden Pannenreaktoren Krümmel und Brunsbüttel wieder ans Netz gehen.

Die Breite und Heterogenität des Bündnisses erlaubt auch die Beteiligung von Menschen, deren geschäftliche Interessen für regenerative Energien das mobilisierende Element sind. In die Proteste, die sich gegen eine Verlängerung der Laufzeiten der 17 Atommeiler in Deutschland und für deren sofortige Abschaltung richteten, reihten sich mit Sigmar Gabriel (SPD) und Jürgen Trittin (Grüne) auch die Verantwortlichen jenes rot-grünen Regierungsbündnisses ein, die damals den halbherzigen Ausstieg bis 2020 beschlossen hatten. Es war ihnen nicht zu peinlich, symbolisch vor den Kameras ein rotgrünes Bündnis vor den Landtagswahlen in NRW medienwirksam in Szene zu setzen. Damit haben sie wieder die Skepsis der meisten TeilnehmerInnen gegen „die Politiker“ bestätigt.

Im Schleswig-Holsteinischen Landtag wurde der Antrag der LINKEN, mit sofortiger Wirkung alle drei schleswig-holsteinischen Atomkraftwerke abzuschalten mit der Mehrheit der Grünen, FDP, CDU und SSW abgelehnt. In Brokdorf, Standort eines Atomkraftwerks, forderte der Klaus Ernst (LINKE-Bundestagsfraktion): „So schnell wie möglich alle abschalten.“

Große Teile von FDP und CDU/CSU sowie die großen Energiekonzerne fordern, die Atomkraftwerke in Deutschland deutlich länger am Netz zu lassen und die Laufzeiten bis zum Jahr 2050 zu verlängern. Dabei haben sie einen großen Teil der Menschen im Lande gegen sich, aber festzuhalten ist auch, dass das Bewusstsein über die Gefährlichkeit dieser Technologie mehrheitlich nicht mehr prägend ist. Die drastisch gestiegenen Energiepreise haben die Diskussion über längere Laufzeiten für die deutschen Atomkraftwerke neu entfacht.

„Das Wachstum der vergangenen 250 Jahre basierte vor allem auf der Nutzung fossiler Energieträger, zunächst der Kohle und seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts von Erdöl und Erdgas. Die Öl-, Kohle- und Gasreserven sind jedoch begrenzt. Der Höhepunkt der Förderung wird in absehbarer Zeit erreicht sein. Danach wird das Angebot von fossiler Energie rückläufig sein, während die Nachfrage infolge des immer noch riesigen Bedarfs an fossilen Energien in den Industrieländern und den Schwellenländern steigt. Unter kapitalistischen Bedingungen wird dies die Preise der fossilen Energieträger und dabei auch die Profite der Energiekonzerne hochtreiben und auf diese Weise auch ihre gesellschaftliche und politische Macht weiter stärken. (…) Immer deutlicher wird: Eine ökologisch nachhaltige Entwicklung steht im Widerspruch zur kapitalistischen Wachstumslogik. Die ökologische Frage ist zugleich eine ökonomische, soziale und kulturelle – eine Systemfrage.“ (aus dem Programmentwurf)

„Wir wollen die Energiekonzerne in öffentliches Eigentum überführen und einer demokratischen Kontrolle unterstellen. Das Energiekartell muss entflochten, die Energieversorgung weitgehend rekommunalisiert, die Energiemonopole müssen schrittweise aufgelöst werden. Wir wollen den unverzüglichen Ausstieg aus der Nutzung der Atomenergie.“

In einer Umfrage für den stern sprechen sich 46 Prozent der Bürger für eine Verlängerung der Laufzeit aus. Allerdings entzweit die Frage die Deutschen: Ebenfalls 46 Prozent wollen, dass sämtliche Kernkraftwerke wie im Atomkonsens vorgesehen bis zum Jahr 2021 abgeschaltet werden.

Je nach Parteipräferenz ergibt sich ein stark unterschiedliches Bild. Die größte Zustimmung zur Atomenergie findet sich bei den Anhängern von Union und FDP: 59 Prozent der Unions-Wähler und fast drei Viertel der FDP-Wähler (73 Prozent) befürworten einen Weiterbetrieb der Anlagen auch über 2021 hinaus.

Demgegenüber möchte nur ein Drittel der SPD-Anhänger (34 Prozent), dass die Kernenergie länger als geplant genutzt wird. Rund jeder fünfte Wähler der Grünen (21 Prozent) wäre mit einer längeren Akw-Laufzeit einverstanden, bei den Linken ist es fast jeder Zweite (46 Prozent).Für die Umfrage hat das Forsa-Institut am 7. Juli 2008 1000 Bürger befragt.

Noch ist nicht nur Überzeugungsarbeit in der Gesellschaft dafür zu leisten, sondern auch innerhalb unserer Partei, dass „die ökologische Frage zugleich eine ökonomische, soziale und kulturelle – eine Systemfrage ist“.

Spendenaufruf:

Bitte hilf mit, die Kosten für die Menschenkette zu tragen! Noch gut 30.000 Euro der Mobilisierungs- und Aktionskosten sind offen. Du kannst Deine Spende hier eintragen, damit wir sie von Deinem Konto abbuchen: LINK

Oder Du überweist mit dem Stichwort "Kette" auf das
.ausgestrahlt-Spendenkonto 2009 306 400 bei der GLS-Bank, BLZ 430 609 67.

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